DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG
Erscheinungsort: Frankfurt am Main Verlag: …DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG (TEXTFASSUNG 2), TYPOSKRIPT 2-ZEILIG, KOPIE, 145 BLATT, OHNE DATUM [??.09.1974 BIS ??.10.1974]
... Die Stunde der wahren Empfindung Das Originaltyposkript ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG ENTSTEHUNGSKONTEXT
... Den ersten Hinweis auf die Erzählung Die Stunde der wahren Empfindung liefert ein Brief Peter Handkes an Henning Falkenstein ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG - TYPOSKRIPT 1-ZEILIG, 1974
Das Typoskript der ersten Textfassung von Peter Handkes Erzählung Die Stunde der wahren Empfindungbefindet sich in Privatbesitz. Folgende Angaben basieren ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG - TYPOSKRIPT 2-ZEILIG, 1974
Das Originaltyposkript der zweiten Textfassung von Peter Handkes Erzählung Die Stunde der wahrenEmpfindung befindet sich vermutlich in Privatbesitz. Eine Kopie blieb ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG - NOTIZBUCH, 1972
... insgesamt 344 Seiten umfassenden Taschenkalender von 1972, der in der Sammlung Peter Handke/Leihgabe Widrich am Literaturarchiv der ... des 13. März geschriebene Notiz: » Die letzte Stundeist schon so langsam vergangen – wie habe ich nur das Leben vorher ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG (TEXTFASSUNG 1), TYPOSKRIPT 1-ZEILIG, 45 BLATT, [20.07.1974 BIS] 25.09.1974
... Die Stunde der wahren Empfindung Das Typoskript der ...DIE STUNDE DER WAHREN EMPFINDUNG QUELLENLAGE
Die werkgenetischen Materialien zu Die Stunde der wahren Empfindung sind nur zum Teil an öffentlichen Archiven zugänglich. ...
http://www.suhrkamp.de/suchen?s=DIE+STUNDE+DER+WAHREN+EMPFINDUNG++&x=12&y=7
»Wer hat schon einmal geträumt, ein Mörder geworden zu sein und sein gewohntes Leben nur der
Obwohl er alles Altbekannte mit Ekel und Überdruß abgetan hat und sich keine Zukunft mehr vorstellen kann, nimmt Gregor Keuschnig, Pressereferent der österreichischen Botschaft in Paris, angesichts der unabsehbar drohenden Vereinzelung seine gewohnten Kontakte auf. Er sieht mit Erleichterung und Bedauern zu, wie seine Frau abreist, und ist berührt von dem Satz, den sie ihm auf einem Zettel hinterläßt: »Erwarte nicht von mir, daß ich dir den Sinn deines Lebens liefere.« Keuschnig begreift, daß es auch für sein Leben kein intaktes System mehr geben würde. In der »Stunde der wahren Empfindung« erkennt Keuschnig sich auf neue und befreite Weise identisch mit sich selbst, fähig zu authentischen Erfahrungen. Nachdem sein Kind von einem Spielplatz entführt worden ist und er in seinem Schrecken und seiner Ohnmacht beschließt, nicht mehr weiterzuleben, erlebt er plötzlich, wie seine »lange Gleichgültigkeit'« abgelöst wird von einer »süßen Teilnahme«.
http://www.suhrkamp.de/buecher/die_stunde_der_wahren_empfindung-peter_handke_3029.html
http://handkeonline.onb.ac.at/search/node/stunde%20der%20wahren%20empfindung
http://handkeonline.onb.ac.at/node/1805
http://www.hausarbeiten.de/faecher/vorschau/73329.html
http://www.schreiben10.com/referate/Literatur/2/Referat-Peter-Handke--Die-Stunde-der-wahren-Empfindung-reon.php
A Moment of True Feeling Summary
Summary (Literary Essentials: World Fiction)
Gregor Keuschnig, a press attache with the Austrian Embassy in Paris, is married and has a four-year-old daughter. One morning, he has a dream in which he murders someone. From that point onward, his inner life is in upheaval, although he pretends to be normal and to go about his everyday business. He is often in an extremely agitated state, and he believes that he has fundamentally changed. Keuschnig realizes that he is divorced from his own “true feelings.” In this alienated condition, he wanders around the streets of Paris. As in Peter Handke’s earlier novel Die Angst des Tormanns beim Elfmeter (1970; The Goalie’s Anxiety at the Penalty Kick, 1972), there is little overt plot. The narrative focuses primarily on Keuschnig’s perceptions of himself and others.
Keuschnig goes to work but leaves soon after arriving. He finds a phone number, written on the sidewalk, which he then calls. A woman answers, and he makes a date to meet her the next evening. He visits an old girlfriend but is constantly plagued by feelings of estrangement. Returning to the office, he has sex with a woman worker whom he hardly knows. He has a strong desire to disrobe in public. Keuschnig’s behavior is the extreme opposite of his actions prior to his dream. He seems to exist in an almost schizophrenic, disoriented state. Random objects that he sees on the street suggest strong feelings to him. He longs for a new “system” of perception, to be able to...
http://www.enotes.com/topics/moment-true-feeling
http://tonymckibbin.com/film/a-moment-of-true-feeling?output=pdf
Hellmuth Karasek über Peter Handkes Die Stunde der wahren Empfindung
Worte für Gefühle von gestern
Wenn man weiß, daß Peter Handke sich vor Vergleichen geradezu ekelt, weil Vergleiche einer Sache, einem Menschen, einer Handlung ihre Eigenart zugunsten eines Klischees absprechen -- dann mag es boshaft oder gedankenlos oder unsensibel sein, zur Beschreibung seiner neuen Erzählung, der "Stunde der wahren Empfindung", nach einem Vergleich zu greifen.
Doch der Vergleich, nämlich der zu Franz Kafkas Erzählung "Die Verwandlung" bietet sich (mir) geradezu zwanghaft an. Und nicht nur das: Handkes neue Prosa, der die ersten Kritiken ein bißchen widerwillig pflichtschuldig das Etikett "meisterhaft" angepappt haben -- um dann alsbald Zeichen der Enttäuschung äußern zu können, diese Prosa läßt sich mit dem Vergleich am besten in ihren Eigenarten verteidigen, so paradox das klingen mag.
In der "Verwandlung" wacht ein junger Mann eines Morgens als gräßliches Ungeziefer auf. Die Geschichte einer traumhaften Obsession ist, auf den ersten Blick, geradezu schauerlich privat, beim genaueren Zusehen jedoch der radikale Ausdruck einer Entfremdung, in der sich die Angst spiegelt, für die anderen, die Familie, den Gelderwerb im Büro nicht mehr tauglich zu sein.
Kafkas Held heißt Gregor Samsa, Peter Handkes erzählerisches Doppel Gregor Keuschnig. Er ist Angestellter bei der österreichischen Botschaft in Paris. Auch er steht eines Morgens auf, verändert, nachdem er im Traum zum Mörder geworden war. Auch ihn beherrscht auf einmal die paranoide Furcht, für seine Umwelt zur Untauglichkeit verwandelt zu sein, als jemand, der Ekel erregt und Ekel empfindet. Als er kurz darauf im Innenspiegel des Taxis "unversehens" sein Gesicht erblickt, will er es zuerst gar nicht erkennen, so entstellt scheint es ihm: "Ohne daß er nach Vergleichen suchte, fielen ihm sofort mehrere Tiere ein.
Eine solche Parallele kann kein Zufall mehr sein: der Alptraum, der sich zur Wirklichkeit auswächst, ist bei Handke auch sonst durch Kafka-ähnliche Erlebnisse bezeugt, wenn etwa der kurze, tierhaft stumme Geschlechtsakt in der Botschaft bei Handkes K. die gleiche Urscham offenbart, die Kafkas K. bei ähnlichen beziehungslosen Beziehungen als Schuld kommt.
Handkes Erzählung ist, von Reinhard Baumgart in der "Zeit" als Rückfall in eine rigorose narzistische Innerlichkeit attackiert worden, als eine literarische Ausgeburt eines hektischen Ich-Beziehungswahns.
Sicher, Handke repetiert und variiert seit dem "Tormann" über den "Kurzen Brief" und das "Wunschlose Unglück" seine Einsichten und seine Biographie fast monomanisch. Doch wird die Spirale immer enger, zwanghafter, gleichzeitig sprachlich immer genauer beschrieben -- und unser Mißtrauen sollte doch wohl eher den Tausendsassas gelten, die ihre Themen und Stile wechseln wie Hemden.
Und wer nicht begreifen mag, daß diese sogenannte Innerlichkeit einer paranoiden Verstörung eine Zwangsantwort auf die Außenwelt ist, ja fast die einzig mögliche Art, unsere Vernetzung in Familie und Beruf, in Stadt und Umwelt darzustellen, der müßte folgerichtig Kafka für einen Privatfall halten, für eine pittoreske schwarze Blume, die sich die ach so Normalen nur zur Ergötzung anstecken können.
Es ist wahr, Handke erzählt, wie Baumgart befremdet konstatiert, "aus Gregor Keuschnigs verstörtem Kopf". Wo aber, um Himmels willen, soll uns heute der distanzierte Erzähler herblühen, der das erführe, was Gregor K. erfährt, um dann mit einer lässigen "Alles halb so schlimm"-Gebärde dem Leser eine homerische oder zumindest fontanesche Kulisse einer ganzen Welt hinzuzaubern.
So geschieht in der Tat nicht viel, denn der Action-Film läuft im Kopf und nicht auf der Straße ab. Handkes Held, durch den Traum in seinem Leben verstört, sucht Halt in den täglichen Routineverrichtungen im Büro, verliert, halb erleichtert, halb bestürzt, seine Frau, die ihn verläßt, und steigt am Ende aus der Verwahrlosung aus, indem er sich im neuen Anzug, mit neuen Schuhen und Socken in die Welt einordnet. Für wie lange?
"Die Stunde der wahren Empfindung" ist, grob gesprochen, die Geschichte einer Erfahrung des Todes. Eines Todes, der sich im Ekel vor jedem und allem ankündigt, in einem Aus-der-Welt-Fallen, einem Blindwerden, das daraus resultiert, daß K. alles schon erwartet, einordnet, abschätzt, was ihm widerfährt, so daß er nur noch dem eigenen namenlosen Schrecken ausgesetzt ist. Handkes Buch ist ein Buch über die Gewalt und wie sie entsteht. Das mag bei einem vorgeblich esoterischen Buch seltsam klingen.
Und es mag auch seltsam klingen, wenn Handkes Held sich wie Münchhausen an seinem Zopf aus dem Sumpf totaler Verzweiflung zieht, indem er auf einmal eine neue Optik lernt, die Dinge und Menschen wie zum erstenmal sieht, ihnen ihr Geheimnis läßt, sie nicht zum Erwartungsklischee deformiert. Alles ist auf einmal "kein Hinweis auf etwas andres mehr, sondern eine Sache für sich, für sich schön oder häßlich, und häßlich und schön gemeinsam mit allem anderen."
Eine Kafka-Erzählung mit einem Happy-End also? Ein Gregor Samsa, der vom Tier zum Menschen rückverwandelt wird? Handkes Held hat, wie Handke, eine Tochter, an der er erneut leben lernt. Am Ende, bevor er im bunten Anzug wie alle anderen durch Paris flaniert, findet er einen Brief: "Eines Tages, vor vier Jahren, wurde mir von einem Augenblick zum andern alles gleichgültig. Damit begann die schaurigste Zeit meines Lebens. .
Es ist, als habe Handkes Held sich diesen Brief selbst geschrieben, selbst schon wieder wie von einem Fremden schreiben lassen können. Denn auch davon handelt Handkes Buch: Wie Empfindungen von gestern heute nur noch Worte sind.
Doch der Vergleich, nämlich der zu Franz Kafkas Erzählung "Die Verwandlung" bietet sich (mir) geradezu zwanghaft an. Und nicht nur das: Handkes neue Prosa, der die ersten Kritiken ein bißchen widerwillig pflichtschuldig das Etikett "meisterhaft" angepappt haben -- um dann alsbald Zeichen der Enttäuschung äußern zu können, diese Prosa läßt sich mit dem Vergleich am besten in ihren Eigenarten verteidigen, so paradox das klingen mag.
In der "Verwandlung" wacht ein junger Mann eines Morgens als gräßliches Ungeziefer auf. Die Geschichte einer traumhaften Obsession ist, auf den ersten Blick, geradezu schauerlich privat, beim genaueren Zusehen jedoch der radikale Ausdruck einer Entfremdung, in der sich die Angst spiegelt, für die anderen, die Familie, den Gelderwerb im Büro nicht mehr tauglich zu sein.
Kafkas Held heißt Gregor Samsa, Peter Handkes erzählerisches Doppel Gregor Keuschnig. Er ist Angestellter bei der österreichischen Botschaft in Paris. Auch er steht eines Morgens auf, verändert, nachdem er im Traum zum Mörder geworden war. Auch ihn beherrscht auf einmal die paranoide Furcht, für seine Umwelt zur Untauglichkeit verwandelt zu sein, als jemand, der Ekel erregt und Ekel empfindet. Als er kurz darauf im Innenspiegel des Taxis "unversehens" sein Gesicht erblickt, will er es zuerst gar nicht erkennen, so entstellt scheint es ihm: "Ohne daß er nach Vergleichen suchte, fielen ihm sofort mehrere Tiere ein.
Eine solche Parallele kann kein Zufall mehr sein: der Alptraum, der sich zur Wirklichkeit auswächst, ist bei Handke auch sonst durch Kafka-ähnliche Erlebnisse bezeugt, wenn etwa der kurze, tierhaft stumme Geschlechtsakt in der Botschaft bei Handkes K. die gleiche Urscham offenbart, die Kafkas K. bei ähnlichen beziehungslosen Beziehungen als Schuld kommt.
Handkes Erzählung ist, von Reinhard Baumgart in der "Zeit" als Rückfall in eine rigorose narzistische Innerlichkeit attackiert worden, als eine literarische Ausgeburt eines hektischen Ich-Beziehungswahns.
Sicher, Handke repetiert und variiert seit dem "Tormann" über den "Kurzen Brief" und das "Wunschlose Unglück" seine Einsichten und seine Biographie fast monomanisch. Doch wird die Spirale immer enger, zwanghafter, gleichzeitig sprachlich immer genauer beschrieben -- und unser Mißtrauen sollte doch wohl eher den Tausendsassas gelten, die ihre Themen und Stile wechseln wie Hemden.
Und wer nicht begreifen mag, daß diese sogenannte Innerlichkeit einer paranoiden Verstörung eine Zwangsantwort auf die Außenwelt ist, ja fast die einzig mögliche Art, unsere Vernetzung in Familie und Beruf, in Stadt und Umwelt darzustellen, der müßte folgerichtig Kafka für einen Privatfall halten, für eine pittoreske schwarze Blume, die sich die ach so Normalen nur zur Ergötzung anstecken können.
Es ist wahr, Handke erzählt, wie Baumgart befremdet konstatiert, "aus Gregor Keuschnigs verstörtem Kopf". Wo aber, um Himmels willen, soll uns heute der distanzierte Erzähler herblühen, der das erführe, was Gregor K. erfährt, um dann mit einer lässigen "Alles halb so schlimm"-Gebärde dem Leser eine homerische oder zumindest fontanesche Kulisse einer ganzen Welt hinzuzaubern.
So geschieht in der Tat nicht viel, denn der Action-Film läuft im Kopf und nicht auf der Straße ab. Handkes Held, durch den Traum in seinem Leben verstört, sucht Halt in den täglichen Routineverrichtungen im Büro, verliert, halb erleichtert, halb bestürzt, seine Frau, die ihn verläßt, und steigt am Ende aus der Verwahrlosung aus, indem er sich im neuen Anzug, mit neuen Schuhen und Socken in die Welt einordnet. Für wie lange?
"Die Stunde der wahren Empfindung" ist, grob gesprochen, die Geschichte einer Erfahrung des Todes. Eines Todes, der sich im Ekel vor jedem und allem ankündigt, in einem Aus-der-Welt-Fallen, einem Blindwerden, das daraus resultiert, daß K. alles schon erwartet, einordnet, abschätzt, was ihm widerfährt, so daß er nur noch dem eigenen namenlosen Schrecken ausgesetzt ist. Handkes Buch ist ein Buch über die Gewalt und wie sie entsteht. Das mag bei einem vorgeblich esoterischen Buch seltsam klingen.
Und es mag auch seltsam klingen, wenn Handkes Held sich wie Münchhausen an seinem Zopf aus dem Sumpf totaler Verzweiflung zieht, indem er auf einmal eine neue Optik lernt, die Dinge und Menschen wie zum erstenmal sieht, ihnen ihr Geheimnis läßt, sie nicht zum Erwartungsklischee deformiert. Alles ist auf einmal "kein Hinweis auf etwas andres mehr, sondern eine Sache für sich, für sich schön oder häßlich, und häßlich und schön gemeinsam mit allem anderen."
Eine Kafka-Erzählung mit einem Happy-End also? Ein Gregor Samsa, der vom Tier zum Menschen rückverwandelt wird? Handkes Held hat, wie Handke, eine Tochter, an der er erneut leben lernt. Am Ende, bevor er im bunten Anzug wie alle anderen durch Paris flaniert, findet er einen Brief: "Eines Tages, vor vier Jahren, wurde mir von einem Augenblick zum andern alles gleichgültig. Damit begann die schaurigste Zeit meines Lebens. .
Es ist, als habe Handkes Held sich diesen Brief selbst geschrieben, selbst schon wieder wie von einem Fremden schreiben lassen können. Denn auch davon handelt Handkes Buch: Wie Empfindungen von gestern heute nur noch Worte sind.
DER SPIEGEL 14/1975
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