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Below is a fascinating review of DIE HORNISSEN, which I never saw before.
DIE ZEIT
http://www.zeit.de/2012/50/Peter-Handke-Versuch-ueber-den-Stillen-Ort
put it online with their excerpts from the HANDKE / UNSELD correspondence,
where Handke violently object to the review, and Unseld warns him to get used to it
What is fascinating is that this review, from a certain perspective, is utterly
correct, but entirely misses the sense of the book. That is something that Handke
himself, however, doesn't say in so many words. Werth attacks the book after giving
an accurrate description of it for the means it uses, and never realizes that
Handke, in this fashion, conveys a state of mind. Interesting to note that Handke
even then, in 1967, finds Grass to be a Konsum autor. HORNISSEN intrigued me at the
time, I had just started as editor for German books at Farrar, Straus... but I realized
that my colleagues there, with the exception possibly of Henry Robbins the editor of Barthelme who would depart the premises within the year, would be
entirely baffled by this approach to writing. Matters would have been different had
it been at Grove Press, but they already had Fred Jordan and Richard Seaver.
Handke, like the mama's boy I expect he is still, despite claiming in recent interviews
that he is "relatively normal" and "ausgelichen" - das ich nicht schallend lache! anything to get on t.v. and try out a new personality that does not bite! - never did get used to any form of criticism, and didn't even realize that maybe the occasional non-hossannah in Manuskripte might actually lend greater credence to positive ones there, and threatened, the threatener that he is, also in the correspondence with Unseld, his closest buddy Kolleritch that he will never get anything from him if he ever runs a negative review again. The subsequent DER HAUSIERER was comparatively pellucid
to me and we had a contract, but Handke revealing that it was chockful of quotes from U.S. Black Mask type detective stories from German translations, then made life easier all arount to have GOALIE as the first translated novel. Yet I still think that HAUSIERER is the more important one. At least it exists in Spanish and the other Romance languages, as does DIE HORNISSEN, Los Avispones. Wasps, spanish doesn't seem to have a word for Hornets.
A major bother during my childhood too as of 1941, and in the summer of 1944 a B-17 nearly crashed into our house outside Bremen.
I forget who the Suhrkamp editor who recocommended the book, but Unseld evidently had read it himself too. It was turned down by Luchterhand initially. Those were the days.
Schreibmuster
Peter
Handkes Erstlingsroman „Die Hornissen“
Von
Wolfgang Werth
Auf
Nummer Sicher gehen – wer nicht wagt, gewinnt!“ Diese Parole,
die ein bundesdeutscher Wahlkampfstratege, ein Gegner des
Zahlenlottos oder ein Produzent von Antibabypillen erfunden
haben könnte, scheinen manche Literaten zur Maxime ihres
Schreibens gemacht zu haben. Auf Nummer Sicher gehen heißt,
den Überraschungen ausweichen, die man zwangsläufig erleben
würde, ließe man sich auf das Abenteuer mit der Wirklichkeit
ein – und heißt einen modus scribendi finden, der
volle Immunität garantiert. Statt Wirklichkeit ins Bild zu
bringen, denkt man sich subjektive Schreib- und
Beschreibungsmuster aus, die nur das gelten lassen müssen und
dürfen, was ihnen paßt.
Texte,
die auf diese Weise entstehen, haben sich allein durch die
Schlüssigkeit ihres internen Bezugssystems zu rechtfertigen.
Ihre Verfertigung verlangt vom Autor keine hohen
Schöpfergaben, wohl aber einige Intelligenz und
Kombinationsfähigkeit. Wer die Grenzen des eigenen Entwurfs
kennt und in ihnen seinen Text sorgfältig arrangiert, kann
durchaus hochartifizielle Prosagebilde zustande bringen,
Beispiele eines literarischen Kunsthandwerks, das seine
Bewunderer findet, auch wenn dabei meist ehrfürchtige
Langeweile im Spiel ist.
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Wo
aber die Bedingungen des selbstgewählten Musters mißachtet
werden, wo anderes beabsichtigt wird, als im engen Rahmen des
Möglichen geschehen kann, zerbricht das Gebilde, noch ehe es
entstanden ist. Das zeigt sich bei der Lektüre des ersten
Prosaversuchs von
Peter
Handke: „Die Hornissen“, Roman; Suhrkamp Verlag, Frankfurt;
277 Seiten, 16,80 DM.
Das
Buch will den vergeblichen Versuch protokollieren, eine nur
noch partiell erinnerliche Fiktion neu zu fixieren; zugleich
soll die Fiktivität jeglicher Erinnerung kenntlich werden.
Handkes Entwurf (der am Schluß der „Hornissen“ wichtigtuerisch
erläutert wird) geht von einer recht zweifelhaften
Spiegelsituation aus: Ein blinder Mann, der wesentliche
Ereignisse seiner Kindheit aus dem Gedächtnis verloren hat,
ist fest davon überzeugt, vor Jahren, vor seiner Erblindung,
ein Buch gelesen zu haben, von dem er meint, daß es sozusagen
eine Vor-Schrift seiner eigenen Lebensgeschichte gewesen sei.
In diesem Buch erinnerte sich ein Blinder, ebenfalls
bruchstückhaft und „ohne Ordnung“, an Geschehnisse aus seiner
Kindheit, die später (als er die Lektüre schon vergessen
hatte) im Leben des sich nun an das Buch erinnernden Blinden
ihre genaue Entsprechung gefunden haben. Erzählt wurde „von
zwei Brüdern, von denen später der eine, als er allein nach
dem abgängigen zweiten sucht, erblindet; es wird aus der
Erzählung nicht ganz klar, durch welches Ereignis der Knabe
erblindet; es wird nur mehrmals gesagt, daß ein
Kriegszustand herrsche; die näheren Angaben über das Unglück
jedoch fehlen, oder er hat sie vergessen“.
Der
erste Blinde hat es also im Gegensatz zu seinem fiktiven
Spiegelbild mit zwei fragmentarischen Erinnerungssphären zu
tun. Es beunruhigt ihn angeblich, daß sowohl in seiner eigenen
Lebensgeschichte als auch in dem Buch Lücken klaffen, die sein
Gedächtnis nicht schließen kann. Er weiß, daß etwas fehlt,
aber er weiß nicht „was es ist und wie es ist“, und
das„macht ihn begierig zu wissen“. Wenn es ihm mit
diesem Wunsch wirklich so ernst ist, wie behauptet wird, wäre
es wohl das Nächstliegende, er stellte Nachforschungen an: Ein
Rundschreiben an alle Bibliotheken fände vielleicht einen
Empfänger, der das gemeinte Buch zutage fördern könnte.
SchreibmusterSeite 2/3
Und was seine eigenen
vergessenen Erlebnisse betrifft, so wäre möglicherweise der
eine oder andere Augenzeuge des damals Geschehenen zu
ermitteln, der sich eben jener Tatsachen entsänne, die dem
Wißbegierigen entfallen sind. Doch Handkes Entwurf sieht
derlei Erkundungen nicht vor – sie würden den vorgeplanten
Verlauf des Buches stören. Hier zeigt sich eine weitere
Schwäche des Schreibmusters: Anders als etwa Ror Wolfs
„Fortsetzung des Berichts“ oder die Halbschlafimaginationen
Hermann Peter Piwitts können „Die Hornissen“ die Reduktion
ihrer Erzählfigur nicht durch sich selbst begründen. Der Autor
versucht sich aus der Affäre zu ziehen, indem er Blindheit
kühnlich als Synonym eines absoluten Kontaktverlusts einsetzt.
Wider alle Erfahrungen verkündet er; „Wer blind ist, ist
auch unsichtbar“, oder: „Wenn ein Geblendeter vor dem
Spiegel steht, steht niemand vor dem Spiegel.“
Das Diktat des Autors
verdammt den Blinden dazu, allenfalls dadurch präsent werden
zu können, daß er sich erinnert oder sich etwas ausdenkt, also
nur in den subjektiven Vorgängen, die das Thema des Buches
sein sollen. Doch Handke ist dem einen Dilemma nur
ausgewichen, um sofort in ein neues zu schlittern: Unter den
gewählten Voraussetzungen kann die Suche nach dem „scheinbar
Vergessenen“ gar nicht stattfinden. Da die Erinnerungen und
Mutmaßungen des Blinden gleichzeitig auf die Fiktion und auf
die eigene Geschichte bezogen werden und da sie nirgends einen
sicheren Anhaltspunkt haben, verliert die Erzählfigur ihre
Identität. Sie löst sich in einem Vexier- und Spiegelspiel
auf, das in allen möglichen Brechungen und Verschiebungen
totes Material aufscheinen läßt.
Immer wieder projizieren
sich direkte und mittelbare Erinnerungen gleichwertig und
ununterscheidbar ineinander. Erinnerte Erzählungen, die den
Blinden der „Hornissen“ oder den der Fiktion oder beide
betreffen, werden in indirekter Rede nacherzählt, bis sich das
unbestimmte Ich an einer Stelle wiedererkennt und den Bericht
mit eigenen Worten fortsetzt. Direkte Erzählung mündet in ein
echtes oder vermeintliches Zitat, tritt wieder daraus hervor,
bricht plötzlich ab, um einem neuen Einfall oder einem
variierten alten Platz zu machen, der seinerseits in wenigen
Sätzen verpufft, vielleicht, um an anderer Stelle noch einmal
aufgegriffen und abgeändert zu werden.
Fortwährend wechseln bei
der Darbietung des weder Herkunft noch Ziel verratenden
Materials die personalen und zeitlichen Bezüge, die
Modalformen und Stilmittel, wobei im einzelnen beliebig
bleibt, was wann wo und wie erzählt wird. Der einzige Sinn
dieser grammatikalischen Wechseisprünge und dieser
Intonationsübungen scheint darin zu bestehen, die
Unverbindlichkeit jeglichen Fixierungsversuches zu
denunzieren.
Der Stoff, der dazu
gebraucht wird, ist austauschbar. Handke hat ihn so gewählt,
daß der Leser gar nicht in Versuchung kommt, sich sonderlich
für seine etwa doch noch vorhandene Eigenwertigkeit zu
interessieren. Man erfährt, daß der Erzähler (welcher?) als
ältester von drei Brüdern auf einem Bauernhof aufgewachsen
ist. Die Gegend wird als entlegene Gebirgslandschaft
vorgestellt, doch es wird nicht gesagt, von wo aus sie als
entlegen zu betrachten ist. Auch eine historische Zeit ist
nicht auszumachen. Verschiedentlich auftauchende
Bombenflugzeuge, einmal auch Soldaten, signalisieren Krieg,
der aber nur einmal in das Leben der erinnerten Personen
eingreift: Weil das Schulhaus, das die Brüder besucht hatten,
zerstört wurde, müssen sie in einem anderen Ort zum Unterricht
gehen. Der Weg führt über einen Bach oder an einem Bach
vorbei, in dem eines Tages einer der beiden Brüder ertrinkt.
Die genaueren Umstände des Unglücks sind nicht mehr bekannt.
Ein anderer Komplex betrifft die Erblindung des Erzählers, die
– wie der verschollenen Fiktion erinnerlich – mit der Suche
nach dem „abgängigen“ zweiten Bruder zusammenhängt. Auch hier
bleibt der Unglücksfall selber im dunkeln.
Neben diesen Imaginationen,
die die blinden Stellen der Geschichte umspielen, sie aber
nicht erhellen, findet man andere, deren Bedeutung für das
verlorene Ganze kaum oder gar nicht zu erkennen ist. Da wird
etwa eine für solche Schreibmusterliteratur fast schon
obligatorische Mahlzeit in Zeitlupenmanier geschildert, eine
Ankleideszene zelebriert oder, unter Verwendung sämtlicher
Verben des Sagens und Erwiderns, über ein Gespräch berichtet,
das Vater und Sohn auf dem Wege zur Kirche führen. Von einem
Mann mit einem Seesack ist die Rede – er reist mit dem Zug
einem unbestimmten Ziel entgegen, um, dort angekommen, die
Bahnhofstoilette aufzusuchen, Ein Kartenspiel, bei dem der
Erzähler unbemerkt unter dem Tisch sitzt, von den Beinen der
Spieler eingepfercht; das Aufwaschen von Geschirr; das Leben
in einer Blindenanstalt; Umstände mit einem Fahrrad, das per
Bus an irgendeine Adresse geschickt werden soll, aber offenbar
nicht geschickt wird; die Zerstörung eines Wespennestes oder
Mutmaßungen über eine Panik, die im Kino ausbrechen könnte –
all das und anderes, ähnlich Beliebiges, wird aus
unterschiedlicher Distanz und mit unterschiedlicher Schärfe
nach- oder eingebildet.
Mitunter wird dabei der
Vorgang der „Verbildlichung“ mit grotesker Akribie
vorgeführt: „Dann ließ ich das Bild der Daumen das Bild
der Frucht zerbrechen und das Bild der Scheibe dem Bild des
anderen reichen, und wiewohl ich mir ein Bild von dem
zweiten verwehrenden Schütteln des Kopfes machte, ließ ich
schmählich das Bild der Hand nach dem Bild der Fruchtscheibe
greifen und zu dem Bild des Mundes aufheben ...“
SchreibmusterSeite 3/3
Eine andere Möglichkeit,
die Imagination zu entwirklichen, ist die Abstraktion: „Sie
gingen weiter und die Straße zurück, bis sie zu einer
Abzweigung kamen, auf der sie dann gingen, bis sie wieder zu
einer Abzweigung kamen, auf der sie weitergingen ...“
Andererseits fehlt es
jedoch auch nicht an Bemühungen, etwas so intensiv und genau
zu schildern wie nur möglich. Dabei verrät sich nun aber erst
recht die Unbeholfenheit des ehrgeizigen Autors, öfter, als
man es hingehen lassen kann, verkehrt sich, was origineller
und treffender Vergleich oder genaue Bezeichnung eines
Vorgangs sein will, in unfreiwillige Komik oder baren Unsinn.
Da heißt es etwa vom
Filmvorführer, er schlage „die Zähne in den von der Sonne
vollgummiweichen Apfel“, es wird behauptet, daß „das
Schnauben des Gauls“ den Vater einen Abhang hinauf „strampelt“, dem
nämlichen Gaul „schmilzt“ eine Bremse ins Fell, und der
Erzähler hat sich gar „auf die Leiter gesattelt“.
Die Unbekümmertheit, mit
der Handke hier von falschen Bezügen und Gesuchtheiten
Gebrauch macht, steht in merkwürdigem Kontrast zu der an
anderen Stellen des Buches behaupteten Skepsis gegenüber dem
Wort. Da nämlich wird in Frage gestellt, ob die Sprache
überhaupt geeignet sei, die im Hirn produzierten Abbilder der
Wirklichkeit mitteilbar zu machen. Worte, so erkennt Handke,
sind nur Namen. Wer mit ihnen etwas benennen will, muß sie
genau prüfen. Der Autor tut es, indem er beispielsweise die
Namen der Geräusche aufzählt und sie den Geräuschen anprobiert
oder indem er Miniaturessays über die Bedeutung und
Widersprüchlichkeit bestimmter Worte in das Buch aufnimmt.
Diese halbtheoretischen Einschiebsel tragen jedoch nur dazu
bei, den Text aus Teilen noch mehr zu zerstückeln. Sie
widerlegen damit ein weiteres Mal die Behauptung, daß die
„Hornissen“ ein Roman oder doch wenigstens ein
zusammenhängender Prosaversuch seien.
Das Buch zerschellt gerade
an jenen Spiegeltricks, Eselsbrücken und Hilfskonstruktionen,
die es haltbar machen sollen. Daß der Autor Verschiedenes,
einander Widersprechendes gleichzeitig erreichen will, führt
dazu, daß er letztlich gar nichts erreicht.
„Die Hornissen“ bleiben ein
Sammelsurium von Ansätzen, Skizzen, Glossen, Wortregistern und
literarischen Kopien, die Handkes Belesenheit gerade in Sachen
„Schreibmusterliteratur“ verraten – eben jener Literatur,
gegen die er auf der Princeton-Tagung der Gruppe 47 in
vielberedetem Alleingang polemisiert hatte. War das wirklich
der Autor der „Hornissen“?
Das zweite Buch von Peter
Handke wird dieses Vexierrätsel vielleicht lösen.
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